Ein Teil von Berlin war selbst mal eine Insel. Gut, dass diese Zeiten vorbei sind. In Berlin gibt es 34 Inseln, die einen Namen tragen. Wir haben die Pfaueninsel besucht und neben historischen Denk- und Sehenswürdigkeiten ein tolles Ausflugsziel entdeckt.
Anreise zur Pfaueninsel
Das Berliner Umland ist umgeben von Wasser. Dieser Umstand entschädigt für die Tatsache, dass die Stadt (noch) nicht am Meer liegt. Auf der Pfaueninsel erwartet Besucher ein Landschaftsgarten, der gleichzeitig Naturschutzgebiet ist. Gleich am Fähranleger begrüßt uns eine große Tafel, auf der erst einmal aufgeführt ist, was wir auf der Pfaueninsel alles nicht dürfen. Kein Schutz ohne vernünftige Vorgaben und Einschränkungen – auf das Spiel lassen wir uns gerne ein. So starten wir in einen Tag Urlaub in unserer Wahlheimat Berlin, an einen Ort, den zumindest ich heute neu entdecken werde.
Autofahrer müssen sich darauf einstellen, dass der Parkplatz nahe des Fähranlegers und der benachbarten Gastronomie die Mengen an Ausflugswilligen kaum aufzunehmen vermag. So glitzert auf dem Weg durch den Düppeler Forst ein kilometerlanges Band von Karossen an den Wegesrändern. Wer mit der S-Bahn anreist, steigt in Wannsee aus und setzt seinen Weg zu Fuß oder mit dem Bus fort. Die Fahrradwanderer machen es am besten, finde ich. In ihrem eigenen Tempo ziehen sie souverän und entspannt an Parkplatzsuchenden und Fußgängern vorbei, schließen ihre Räder an – und fertig.
Ich bin ja nicht nur ein großer Freund von kleinen Inseln, sondern fahre für mein Leben gern Boot und Fähre. Diese Fährfahrt ist Ereignis: Kaum geht es los, sind wir auch schon da. Vier Euro Eintritt pro Person kassieren die Wärter von den Gästen. Das Geld soll helfen, das zur Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg gehörende Naturschutzgebiet und die Gebäude instand zu halten. Ich finde das okay. Das erste, was ich beim, Verlassen der Fähre sehe, ist eine Art Museums-Shop, um den machen wir einfach einen großen Bogen – Pfaue sehen und Natur erleben sind die Dinge, die uns interessieren. Und essen.
Picknicken auf der Pfaueninsel
Wir schleppen einen Picknickkorb mit auf die Insel an diesem milden Tag. Der Korb ist so gut gefüllt, dass wir uns auf dem Hinweg abwechseln mit Tragen. Auf der großen Liegewiese angekommen breiten wir unsere Schätze aus und genießen das Mitgebrachte reichlich, logisch, da haben wir auf dem Rückweg weniger zu tragen. Wer von Anfang an lieber mit leichtem Gepäck unterwegs ist, braucht keine Sorge haben, Pfauen und Büffel durch lautes Magenknurren aufzuschrecken. Am Rande der Liegewiese gibt es einen Kiosk, der herzhafte und süße Snacks sowie kühle und warme Getränke bereithält.
Während die Herren inmitten spielender Kinder auf der Wiese ruhen, ziehen meine Freundin und ich auf verschlungenen Pfaden weiter in Richtung Meierei. Wenn man bedenkt, was alles nicht mit auf die Insel darf, ist hier genug Spielzeug im Umlauf, um Geschäfte und eine Turnhalle auszustatten. Wir schlendern zwischen Büffelteich und Laichwiese in Richtung Norden, da sehen wir sie schon, die Meierei, die im schmucken Gewand eines Karmeliterklosters daherkommt.
Flanieren auf historischem Gelände
Auf der Rückseite des Tickets ist eine Karte aufgedruckt und weist alle möglichen Stationen aus: Kavaliershaus, Menagerie, Schloss, Volière, Pfauengehege, Luisentempel, Meierei, um nur einige der locker auf knapp 70 Hektar Fläche verteilten Stationen zu nennen. Die Form der Insel erinnert tatsächlich an einen sitzenden Vogel. Wir versuchen uns aus dem Schwall der an Land Strömenden zu lösen und flanieren vom südlichen Ende der Insel aus gemächlich am Rosengarten und an der Fontäne vorbei und mit einem Schlenker über das Pfauengehege bis zur Volière für die Jungpfauen. Hier ist ganz schön was los, keine Peacock-only Party. Plüschige Seidenhühner, Brahma-Hühner, und anderes Federvieh stolzieren vor den Augen der Inselbesucher herum.
Im 17. Jahrhundert wurden hier auf Anordnung des Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg im großen Stil Kaninchen gezüchtet. Später siedelte sich hier der Alchimist Johannes Kunckel an, um durch neue Methoden die Glasherstellung Preußens gewinnbringender zu gestalten. Die dunklen Rauchschwaden, die laut Überlieferung damals die Festland-Bewohner zu Spekulationen über dunkle Magie und Goldmacherei anregten, können wir uns in dieser sommerlichen Idylle nur schwer vorstellen.
Zarte Blumen, uralte Baumriesen
Heut blühen in der Kulturlandschaft bunte, zarte Blumen unweit großer Bäume, die über den Glasmacher und Alchimisten sicher dolle Geschichten erzählen könnten. Gut, vielleicht sind sie nicht schon ganz so lange hier, doch einige Bäume, wie eine Zeder, die einst als Geschenk hierher gelangte, sind sicher über 100 Jahre alt.
Auf den Spazierwegen durch Wald und Wiesen öffnet sich immer wieder der Blick auf die Havel. Der Blick von der Meierei aus in Richtung Teufelsberg gefällt mir besonders gut. Hier wirkt Berlin nah und fern zugleich. Vielleicht tragen auch die friedlich grasenden Wasserbüffel dazu bei, dass die Entfernungen ebenso vor des Ausflüglers Auge verschwimmen wie die Zeit. Um die Meierei und das Schloss von innen zu besichtigen sind wir zu spät dran an diesem Tag, also heißt es: Früh aufstehen und auf einen weiteren Besuch wiederkommen. Dann vielleicht sogar ohne eigenen Picknickkorb.
Pfaueninsel! Wie ein Märchen steigt ein Bild aus meinen Kindertagen vor mir auf: ein Schloss, Palmen und Kängurus; Papageien kreischen, Pfauen sitzen auf hoher Stange oder schlagen ein Rad, Volièren, Springbrunnen, überschattete Wiesen; Schlängelpfade, die überall hinführen und nirgends; ein rätselhaftes Eiland, eine Oase, ein Blumenteppich inmitten der Mark. Theodor Fontane: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Dritter Band: Havelland (1873)