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Malta à la carte – ein Inselmenü

Malteser essen gern und gut. In ihren Speisen und Gerichten tummeln sich Kulturen aus dem ganzen Mittelmeerraum. Denn egal, ob Phönizier, Griechen, Römer, Araber oder Ordensritter: Sie alle haben auf den Inseln der Kalypso ihre Spuren hinterlassen. Ein kleines Inselmenü.
Inhalt

Malta à la carte I: Kulturelles Potpourri

Frisches Hobz biz-zejt, Brot mit Öl. Dazu Kapern und eingelegte getrocknete Tomaten. Winzige Körbchen mit Gbejniet, „kleinem Käse“, ein wenig der Mozzarella verwandt. Grillkartoffeln mit Fenchelsamen. Kurz: Picknick in den Buskett Gardens, unter Steineichen. Stilles Tal, schattige Waldwege, Erdgeruch. Ein bukolisches Vergnügen.

Homer ist es, der den maltesischen Archipel zum Zauberreich und Ort verführerischer Genüsse macht. Denn dort, auf dem Eiland Ogygia, das heute Gozo heißt, siedelt er Kalypso an, „die schöngelockte, die furchtbare Göttin“. Aus Liebe hält sie den schiffbrüchigen und heimwehkranken Odysseus sieben lange Jahre in ihrem goldenen Käfig gefangen, bis Zeus ein Machtwort spricht.

Auch die seefahrenden Phönizier machen Station auf den Inseln. Sie nutzen insbesondere Malta als „malet“, als Zuflucht und sicheren Hafen. Die Römer sprachen später von Melita und mochten dabei an Süßes denken – „mel“ heißt Honig auf lateinisch und der maltesische Honig gilt nach wie vor als besonders schmackhaft. 1530 findet der Ritterorden der Johanniter auf Malta eine neue Heimat. Und selbst in grauer Vorzeit, lange noch vor Homer und all den Übrigen, lebten Menschen hier und lebten gut, errichteten gewaltige Tempelanlagen aus zyklopischen Steinblöcken zur Ehre der Götter.

Malta à la carte II: Inseln der seligen Winzer

Odysseus traf hier noch auf „Gestade voll hoher schattender Bäume, Pappelweiden und Erlen und wolkenberührender Tannen“. Wer heute die Inseln besucht, betritt ein steiniges, weitgehend baumloses Land. Wäldchen wie die Buskett Gardens machen sich so rar wie der Schnee, der kaum je fällt. Doch der Eindruck der Kargheit täuscht.

Den Beweis dafür liefert Roger Aquilana. Er steht in einem geziegelten Weinkeller und entnimmt einem Eichenholzfass samtroten Cabernet Sauvignon. Sein bescheidenes Auftreten wirkt fast ein wenig priesterlich, der Ritus der Weinverkostung im gedämpften Licht des Kellergewölbes tut ein Übriges.

Roger ist Chefwinzer auf dem erst 1989 gegründeten Weingut Meridiana im Herzen Maltas – eine kleine, aber wohl bestellte Welt. Chardonnay, Cabernet Sauvignon, Merlot, Syrah, Petit Verdot. 19 Hektar auf flachem Gelände, das im Zweiten Weltkrieg noch britischer Militärflughafen war. Die Weinstöcke fangen den kühlenden Mistral auf, der die meisten Pilzkrankheiten im Keim erstickt. Regen gibt es nur im Winter, und dann wenig. Stattdessen steuert exakt dosierte Tröpfchenbewässerung den Reifeprozess.

Die Weine, die hier gedeihen, sind Extraklasse. Malta, die Inseln der seligen Winzer? Roger rückt das Bild ein wenig zurecht: „Die Rebe schläft hier kaum.“ Und: „Ein Jahr hier ist wie drei Jahre in Frankreich.“ Denn auch das stimmt: Die sehr lange und stabile Wärmeperiode macht, dass alles rasend schnell geht. Schon nach einem Jahr werfen frischgepflanzte Weinstöcke ihre erste Ernte ab. Die Lese beginnt bereits Mitte Juli – über einen Monat früher als anderswo in Europa und vor allem in der größten Sommerhitze.

Malta Weinkeller im Weingut Meridiana.
Malta, Degustation im Weingut Meridiana (A. Gaasterland)

Malta à la carte III: Kaninchen, Kümmel und Lampuki

Nach der Weinprobe im Kernland Maltas braucht der Magen etwas Herzhaftes. In die Gewürzküche führt ein Ausflug auf das kleinste Eiland des Archipels: Comino. Im Mittelalter hieß es Kemmuna. Comino und Kemmuna bedeuten Kümmel. Tatsächlich wächst der dort im Überfluss. Die Johanniter machten sogar ein Geschäft daraus, indem sie ihn exportierten. Was sie übrigließen, mümmelten die Kaninchen – die gab es ebenfalls zuhauf. Zuhauf landeten sie auch im Kochtopf und tun dies nach wie vor, als Nationalgericht Fenkata, geschmort in würziger Tomatensoße.

Die maritime Seele der Insulaner lebt höchst malerisch in Marsaxlokk fort, einem kleinen Hafenort an der Ostküste Maltas. In den Hafenrestaurants lernen Fischliebhaber zu unterscheiden zwischen Zahnbrasse, Seebarbe und Rotem Drachenkopf. Am häufigsten jedoch werden sie auf Lampuki stoßen: Die Goldbrasse ist unbestrittene Favoritin der Einheimischen – zumindest der Zahl der Rezepte zufolge.

Malta à la carte IV: Dessert mit süßen „Diamanten“

Die süße Nachspeise unseres Inselmenüs Malta à la carte erwartet uns in den abgezirkelten Gassen Vallettas, der geplanten, von den Rittern erbauten und befestigten Idealstadt, die heute die Hauptstadt des Archipels ist. Dort preisen Straßenhändler Mqaret an: getrocknete Datteln, gewürzt mit Nelken und Anislikör und im rautenförmigen Teigmantel frisch gebacken.

Mqaret meint Diamant und ist eine heiße Ware. Da liegt es nahe, an den berühmten Malteser Falken zu denken. Ein Falke pro Jahr, das war der bescheidene Pachtzins, den Kaiser Karl V. 1530 erhob, als er den Johannitern die Inseln zum Lehen gab. Doch die Legende weiß auch von einer diamantenbesetzten Skulptur in Gestalt eines Falken, die alljährlich an den Monarchen ging und die als Sinnbild sagenhaften Reichtums einen Schatten des Zweifels auf die Geschäfte der frommen Ordensritter wirft.

Frömmigkeit – römisch-katholische, wohlgemerkt – ist eine Zier, die die Malteser seit Ritterzeiten schmückt und die das Bild Maltas bis heute bestimmt. Ein Blick in die Rezeptbücher bestätigt das sofort. Darin finden sich nicht nur Taufkekse, sondern auch Kwarezimal, eine Süßspeise der Fastenzeit aus braunem Zucker, Mandeln, Zimt und Nelken, angereichert mit Orangenblütenwasser.

Malta à la carte V: Der Geschmack des Orients

Orangenbäume, überhaupt Obstgärten waren ein Steckenpferd der Johanniter. Die anderen Zutaten haben eindeutig arabische Wurzeln. Denn auch die Araber waren hier, viele Jahrhunderte lang. Am deutlichsten verrät sich das in der Sprache. Malti ist eigentlich ein arabischer Dialekt in lateinischer Schrift mit italienischen, englischen, französischen und spanischen Einflüssen. Also auch hier Multikulti, genau wie in der Küche. Entsprechend lesen sich die Speiskarten. Woraus folgt: Maltesische Kulturgeschichte ist vor allem eine Angelegenheit des Gaumens. Malta à la carte eben.

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Auf einen Blick

Malta liegt auf uralten Seefahrerrouten. Die verschiedensten Mittelmeerkulturen haben dort ihre Spuren hinterlassen. Die maltesische Küche ist dafür der beste Beweis. Das macht sich dieser Reisebericht zunutze: Er isst sich quer durch die Geschichte Maltas – vom Picknick unter Steineichen bis zur süßen Nachspeise in den Gassen der Hauptstadt Valletta. Malta à la carte eben.

Lust auf mehr Malta? Nach Malta? Immer dem Falken nach!