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Heißes Melbourne. Cooles Stadtleben bei 39°?

Melbourne im Sommer ist ziemlich schrecklich! Was? Ja, richtig gelesen. Wieso sich Hochsommer große Ansammlungen von Beton und Asphalt echt nicht gut vertragen und wie sich ein Sommer in der südlichsten Millionenstadt vielleicht trotzdem aushalten lässt?  Wir haben es probiert.
Inhalt

In Melbourne brennt die Luft

Die größte Hitzewelle mag für 2018 vorbei sein, doch früher hätte ich diesen Post gar nicht verfassen können. Hirnkernschmelze, Fingerstarre, Füße in Eiswasser dippen statt tippen. Und das über Wochen auf der Nordhalbkugel. In den Städten glühen Straßen, Häuserwände und Autodächer. Besonders in Straßen ohne kühlenden, schattenspendenden Baumbewuchs brennt die Luft. Der Salat verwelkt auf dem Weg vom Markt nach Hause, die Hitze verstopft Poren und Gedanken, alles hat Fieber.  Wenn dieser Rekordsommer 2018 das neue Normal wird, tausche ich meine Dachgeschosswohnung gegen ein schön dunkles Kellergeschoss.

Zuletzt habe ich mich bei meinem Besuch in Melbourne so gefühlt. So klebrig und gelähmt. Ich erinnere mich. Es ist Ende Januar. Spitzen Hochsommer Downunder. Der Mann und ich kommen in der südlichsten Millionenstadt der Welt an, nachdem wir zuvor in Sydney 24/7 eine frische Brise genossen haben. Auch dort herrschen sommerliche Temperaturen, aber anders genug, um beim Aussteigen aus dem Flugzeug in Melbourne fast einen Hitzschlag zu bekommen.

Wir schleppen uns zum Ticketschalter für den öffentlichen Nahverkehr und besorgen uns jeweils eine Myki, so heißen hier die wiederaufladbaren Karten. Unsere Freunde wohnen im Epizentrum des Schauplatzes der Australian Open. Von der Schnellbahn aus kann man direkt auf die Courts schauen. Im Vorbeifahren sehe ich, da wird wacker in der Gluthitze gespielt. Soll ich das jetzt bewundern oder einfach nur bescheuert finden? Eigentlich soll man doch bei solchen Temperaturen in der Ecke liegen und flach atmen, oder?

Richmond ist ganz hübsch, soweit sich das durch von der Backofenluft ausgetrocknete Augäpfel beurteilen lässt. Ein Traum für alle Foodies, Fashonistas, Craft Beer Freaks und andere Hipster. Jeder Laden ne Boutique, jedes Schaufenster dekoriert, jedes Sortiment kuratiert. Die Wohnhäuser in den umliegenden Straßen deuten an, wie verschwenderisch selbst in der Kernstadt von Melbourne mit Platz umgegangen werden kann. Ungefähr 71.000 Einwohner zählt der innere Teil der Stadt. 4,7 Mio sind es, wenn man alle Randbezirke mit einberechnet, die sich auf 8.830 Quadratkilometer Fläche verteilen.

Frühstück in Melbourne: Eggs Benedict.
Eggs Benedict – ein leichtes Frühstück an heißen Tagen in Melbourne. Der Vorteil, bei 39° Außentemperatur behalten Sauce Hollandaise, Bacon und pochiertes Ei entspannt ihren mundwarmen Schmelz.

Wir kriechen japsend ins Innere des schnuckelige Hauses aus der Jahrhundertwende, in dem die Freunde wohnen. Oh, Hallo, Klimaanlage! Du treibst den Energieverbrauch in die Höhe und ich weiß nicht, was dir für Kältemittel entweichen, die das globale CO2-Problem und die Ozonwerte unterm Strich noch verschlimmern. Aber an Tagen wie diesen interessiert sich irgendwie niemand für deine Schattenseiten (no pun intended). Kühle ist King.

Holzhaus in Richmond, Melbourne.
Dieses kleine Haus im Herzen von Richmond ist unser Refugium an den heißen Tagen in Melbourne. Entweder flüchten wir von hier in ein Museum oder gehen erst abends raus.

Dabei zeigt die durchschnittliche Temperaturkurve in Melbourne übers Jahr gemäßigtes Klima. Allerdings mit amtlichen Ausreißern und Hitze-Spitzen in den Sommermonaten Januar und Februar. Die haben wir wohl gut getroffen. Auf die berühmten four seasons in one day, den schnellen starken Wechsel zwischen Hitze und Abkühlung, warten wir auch die nächsten Tage vergeblich. Die Klimaanlage röhrt, mein Kreislauf und ich hängen voll in den Seilen und denken alle paar Stunden halbherzig: Wir sollten uns mal die Stadt angucken. Melbourne hat doch so viel zu bieten. Die Leute lieben Melbourne. Alle schwärmen. Und ich kann mich nicht bewegen.

Die Skyline von Melbourne voller Hochhäuser.
Die Skyline von Melbourne – von St. Kilda aus gesehen. Alle lieben Melbourne. Aber bei 39°? Puh.

Melbourne’s Stadtleben und Stadtstrände

Gut behütet mit breiter Krempe und dicken Schichten Sunblocker darunter schleiche ich schließlich die Straßen entlang, um den Charme einer Großstadt am Wasser zu entdecken. Denn immerhin fließt durch Melbourne der River Yarra. Und mit St. Kilda gibt es einen ganzen Stadtteil am Wasser. Das muss doch spürbare Erfrischung bringen. Aber die Port Philipp Bucht, die sich südlich von St. Kilda anschließt, ist kein Ozean. Und von frischer Brise ist hier keine Spur.

St.Kilda Sandstrand in Mebourne.
Der Stadtstrand von Melbourne in St. Kilda. Klar, besser als nichts, gleichzeitig behält auch dieser Stadtstrand den traurigen Charme eines öffentlichen Parks und zwar besonders der Ecken, die gern als „große Aschenbecher“ mißbraucht werden. Auch die Wasserqualität bei St. Kilda ist eigentlich nicht badetauglich, warnen uns die Einheimischen.

Die Melburnians, wie die Einwohner Melbournes heißen, sind echt lässig. In der Straßenbahn, die nach St. Kilda führt, stehen sie in federleichten stadttauglichen Sommeroutfits und lassen den Nackenschweiß mit Grandezza laufen. Ich Lusche bin immer noch verschämt am Wegtupfen, habe gegen die Bäche aber natürlich keine Chance. Nach einem Blick auf das Wasser am Stadtstrand in St. Kilda ist klar: Baden, äh, wir möchten lieber nicht. Auch wie man komplett ohne Schatten im heißen Sand braten kann, erschließt sich uns Nordeuropäern auch nicht. Aber abhängen und kaltes Bier trinken am St. Kilda Penguin Pier, das geht. Penguin Pier? Genau! Die kleinen Pinguine der Kolonie kommen jeden Abend in der Brandung planschen und sind eine Berühmtheit. Sogar mit eigener Website.

Holzpier in St. Kilda.
Der Pier in Melbourne, in St. Kilda. An seinem Ende gibt es den Penguin Pub, in dem kein Pinguin Bier gibt, das nicht, aber Pinguine zum Bier. Vorausgesetzt, man kommt in den frühen Abendstunden.

Melbourne. Heiße Stadt, coole Kunst

Melbourne ist im Ausnahmezustand in diesen Tagen. Doch das liegt nicht nur an der sommerlichen Hitzewelle. Während der Australian Open verbringen viele Einwohner so viel Zeit wie möglich, um die Spiele live zu sehen. Die anderen feiern die Matches beim Public Viewing. Jeder zweite scheint jemanden zu kennen, der (jemanden kennt), der für die Australian Open arbeitet. Und ihnen Freitickets besorgen kann. Der Rest der südlichen Metropole hängt am Yarra River ab. Fast noch mehr verteilen sich auf die städtischen Museen.

Denn Melbourne ist eine Kunstmetropole. Allen voran steht die NGV, die National Gallery of Victoria für seine hochkarätige Sammlung von über 70.000 Exponaten und aufregende temporäre Ausstellungen. Wir verbringen hier einen ganzen Tag. Diese Idee haben die Melburnians und zahlreiche andere Besucher der Stadt auch.

Ausstellungsraum im Kunstmuseum von Melbourne.

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Persönliches Fazit – Melbourne, nice, but no big love

Hund oder Katze, Beatles oder Rolling Stones, Carnivore oder Veggie, Sydney oder Melbourne. Ich gestehe, mir persönlich ist Melbourne zu krass. Ein Einbahnstraßen-Horror, bei dem sogar das Navi vom Mietwagen durchdreht. In der Kernstadt zu eng verbaut, zu hipp, zu heiß, in der Fläche zu breit ausgewalzt. All die kulturellen und kulinarischen Angebote in Melbourne bringen mich nicht davon ab, immer wieder sehnsuchtsvoll nach Sydney zu schielen. Wir scheinen einfach nicht füreinander bestimmt. Oder ist es einfach nur zu heiß?

Um sich Melbourne zu erlaufen, ist es definitiv zu weitläufig. Praktisch ist die Myki, eine wieder aufladbare Karte von PTV – Public Transport Victoria.

Cool im doppelten Wortsinn ist die NGV – die National Gallery of Victoria. Das Haus ist eine Institution für bildende Kunst in Australien und – da bin ich sicher – bei jedem Wetter ein Genuss. Bei 39° ist es mit Abstand der allerschönste Ort in Melbourne.